Porphyria cutanea tarda (PCT)

Zuletzt geändert von Thomas Brinkmeier am 2024/01/03 22:39

Porphyria cutanea tarda (PCT)

Engl: Porphyria cutanea tarda

Syn: chronische hepatische Porphyrie

Histr: Erstbeschreibung durch Günther im Jahre 1922 und Waldenström im Jahre 1937

Vork: - häufigste Porphyrie (1% der Bevölkerung)

- Männer überwiegen Frauen; meist Männer zwischen dem 40. und 70. Lj. (oder hereditär)

Ät: Mangel an Uroporphyrinogen-Decarboxylase

Note: Zur Ausbildung einer Porphyrie reicht der Enzymdefekt in den meisten Fällen nicht aus; vielmehr müssen noch andere Manifestationsfaktoren hinzukommen, vor allem ein Leberschaden.

Ass: - Hämochromatose

Lit: Acta Derm Venereol 2003; 83: 115-20

- HIV-Infektion

Etlg: - hereditäre/familiäre Form

Gen: autosomal-dominanter Enzymdefekt auf Chromosom 1p34

Vork: ca. 20% d. F.

- erworbene/sporadische Form

Vork: ca. 80% d. F.

Pg: gestörte Umwandlung von Uroporphyrinogen III zu Koproporphyrinogen III dadurch steigt Uroporphyrin an

Risk: Als Manifestationsfaktoren kommen in Frage:

- Alkoholabusus bis hin zur ethyltoxischen Leberzirrhose

Vork: 70% d. F.

- hepatotoxische Medikamente

Bsp: Barbiturate, Griseofulvin, Rifampicin, Sulfonamide, Imatinib, MTX, Tamoxifen, Cyclophosphamid

- Leberkarzinom

- Östrogene

- Hepatitis B und C

- Toxine

Bsp: Gamma-Hexachlorcyclohexan (Insektenschutzmittel)

- Eisen

Wirk: Hemmung der Uroporphyrinogen-Decarboxylase bei gleichzeitiger Induktion der Delta-Aminolävulinat-Synthetase

Folg: Aufrechterhaltung eines Circulus vitiosus der Hämsynthese

- Cytochrom p450-Polymorphismus

Lit: Exp Dermatol 2003; 12: 843-8

Wirk: Cyt p450 spielt eine wichtige Rolle beim Metabolismus der Porphyrinogene

KL: - Hautzeichen 2

Bef: - erhöhte Vulnerabilität der Haut, auch nach Bagatellverletzungen (Leitsymptom!)

DD: Cushing-Syndrom

- ausgeprägte periorale und periokuläre (Augenbrauen, Schläfen) Hypertrichose

- Photodermatose

Lok: Prädilektionsstelle: Handrücken, Gesicht

Note: paradoxerweise anamnestisch aber i. d. R. keine akut erhöhte Photosensibilität

Pg: In der Haut abgelagertes Uroporphyrin führt unter Lichteinwirkung zur Anhäufung von zytotoxischen Peroxiden.

KL: Blasenbildung, Elastose und Hyperpigmentierung an lichtexponierten Stellen mit typischer narbiger Abheilung und Bildung von Milien

Note: typisches anamnestisches Zeichen ist ein Dunklerwerden der Haare

Ass: Morbus Favre-Racouchot (Elastose plus senile Komedonen)

- Hepatopathie durch Pophyrineinlagerungen (bei bestehender Vorschädigung)

- Harnverfärbung (weinrot)

Di: - Alkohol- und Medikamentenanamnese

- Urin

Meth: Porphyrinnachweis

- UV-Fluoreszenz im Wood-Licht (langwellige UV-Lichtquelle)

Note: erhöhte Sensitivität nach Oxidatin durch Zugabe von 10% Essigsäure, Nachweis aber erst ab ca. 5 mg Uroporphyrin pro Liter

- biochemischer Nachweis erhöhter Uroporphyrine im 24-h-Sammelurin (bei normalen Vorstufen)

- Stuhl

Bef: Nachweis von Isokoproporphyrin/Koproporphyrin III (u. a.)

Bed: spezifisch für PCT

- Serum

Bef: - Leberenzyme erhöht

Note: insbes. gamma-GT, da Marker für Alkoholabusus

- Hepatitis B/C-Serologie und PCR auf HCV

- Serum-Eisen und Ferritin erhöht

Note: Die Ursache der Eisenüberladung bei PCT ist nicht bekannt.

- IIF

Bef: negativ (i. G. zur DIF)

- Blut

Ind: Differenzierung zwischen angeborener und erworbener Form

Meth: Bestimmung der Konzentration der Uroporphyrinogen-Decarboxylase in den Erythrozyten

Erg: - normale Konzentration: V.a. erworbene PCT

- 50% der Norm oder weniger: V. a. angeborene PCT

CV: Die Porphyrinkonzentration in den Erythrozyten ist aber normal.

- Hautbiopsie

Hi: - Basalmembranverdickung und allgemeine Elastose mit Verdickung der elastischen und kollagenen Fasern

- subepidermale Blasenbildung

- perivaskuläre Ablagerungen von PAS-positivem Material

DIF: IgG oder (seltener) C3 in Gefäßwänden und an der Basalmembran

Lit: Acta Derm Venereol. 2021 Aug 31;101(8):adv00533. http://doi.org/10.2340/00015555-3896

- Leberbiopsie

Meth: Nachweis von Porphyrineinlagerungen mittels UV-Fluoreszenz oder histochemisch

So: dialyseassoziierte PCT

Pg: Provokation durch Medikamente, die Cyt. P450 beeinflussen

DD: - Porphyria variegata

Ät: Mangel am Enzym Protoporphyrinogen-Oxidase

HV: ähnlich der PCT

Di: - Urin: Rotfluoreszenz, Delta-Aminolaevulinsäure , Porphobilinogen ,

- Stuhl: Koproporphyrin III

- hereditäre Koproporphyrie

HV: ähnlich der PCT

- Pseudoporphyrien

Def: Hautveränderungen klinisch und histologisch ähnlich der PCT (oder auch EPP) ohne Nachweis einer Porphyrie bei Untersuchung von Serum, Stuhl und Urin

Hi: 4

PPh: Diskutiert werden phototoxische Reaktionen

TF: - NSAR

Lit: J Cutan Med Surg 2002; 6: 320-6

- Diuretika

- Antibiotika

- dialysepflichtige Niereninsuffizienz

- Imatinib

Lit: - Pediatr Dermatol. 2014 Jun 12. http://doi.org/10.1111/pde.12380 (Neuseeland)

PT: CR (2 Kinder)

- Clin Exp Dermatol. 2018 Jan 8. http://doi.org/10.1111/ced.13361

- Sunitinib

Lit: J Eur Acad Dermatol Venereol. 2014 May 12. http://doi.org/10.1111/jdv.12539 (Spanien)

Lit: -  

- JAAD Case Rep. 2023 Aug 26;42:66-68. http://doi.org/10.1016/j.jdcr.2023.08.019

Th: Absetzen bzw. Umsetzen der Medikation

- Epidermolysis bullosa acquisita (EBA)

Prop: - Meiden der auslösenden Noxen

- Lichtschutz

Prog: erhöhte Mortalität

Urs: gastrointestinale Erkrankungen und Malignome von Darm, Leber/Gallenblase und Lunge

Lit: J Am Acad Dermatol. 2019 Jul 30. pii: S0190-9622(19)32475-2. http://doi.org/10.1016/j.jaad.2019.07.082

Lit: JAAD Case Rep. 2021 Nov 19;20:23-25. http://doi.org/10.1016/j.jdcr.2021.09.043

Th: - Absetzen der auslösenden Noxen (Alkohol, Östrogene)

- Aderlässe (nach Ippen)

Meth: 1-2x/Woche ca. 450 ml

Prog: oft Remission nach ca. 4-10 Litern, dann Drosselung der Aderlässe

Wirk: Elimination des Eisens, das im Überschuss vorliegt und ungünstige Effekte auf die Enzyme der Hämsynthese zeigt

Altn: - Erythrozytenapharese

Przp: isolierte Verminderung der Erythroyztenzahl per Blutzellseperator

- Desferrioxamin

Lit: Dermatol Ther. 2014 Jan-Feb;27(1):16-8 (Portugal)

PT: CR

- Chloroquin

Wirk: Solubilisierung der hepatischen Porphyrin-Depots (Uroporphyrin-Kristalle) durch Bildung von Komplexen, die renal eliminiert werden

Dos: 2x/Woche 125 mg (niedrig dosiert) über Monate

CV: Tagesdosen von > 250 mg/Tag können eine gefährliche Porphyriekrise auslösen.

Co: mit Aderlässen sinnvoll

KI: - bei bestehenden ausgeprägten Leberschäden

- Psoriasis

Altn: Hydroxychloroquin

Lit: Eur J Dermatol. 2012 Jun 26. [Epub ahead of print]

Co: Pimecrolimus topisch (bei kutanen Blasen)

- Glycyrrhizin

Note: Glycyrrhizin oder Glycyrrhizinsäure ist ein Saponin und Triterpenoid, das natürlicherweise in der Wurzel der Süßholzpflanze (Glycyrrhiza glabra) vorkommt. Das Glycosid, das zur Herstellung von Lakritz verwendet wird, ist aber auch in anderen Pflanzen wie der Frucht des Grapefruitbaums enthalten

Lit: Dermatol Ther. 2019 Jul 3:e13014. http://doi.org/10.1111/dth.13014

PT: CR (Besserung bereits nach 1 Monat)

Dos: 3x75 mg/Tag (unter Alkoholabstinenz)

- ggf. Behandlung einer HCV-Infektion

  

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